Bevölkerungsreiche Regionen sind häufig attraktive Standorte für Unternehmen und Neugründungen. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen ist eine breite Unternehmenslandschaft mit vielen etablierten und traditionellen Großunternehmen zu beobachten. Doch wie steht es um die neue Unternehmensgeneration? Wie häufig wird in welchen Branchen in NRW gegründet?
In dem folgenden Artikel werden statistische Ergebnisse zu den Gründungen in NRW nach verschiedenen Wirtschaftszweigen im Jahr 2022 dargestellt. Hinweise zur verwendeten Methode finden Sie im unten stehenden Methodenteil.
Im Jahr 2022 gab es in NRW insgesamt 659 897 Unternehmen. Davon wurden 55 839 Unternehmen neu gegründet (8,5 Prozent). Bei jedem zwölften Unternehmen handelte es sich somit um eine Neugründung. Mit diesem Ergebnis lag die Gründungsrate für NRW über der Gründungsrate für Deutschland (8,0 Prozent). Unter einer Gründungsrate versteht man den Anteil der Unternehmensgründungen bezogen auf den Gesamtbestand der Unternehmen, der sich sowohl auf eine Branche als auch auf eine Region beziehen kann.
Je nach Wirtschaftszweig variieren die Gründungsraten: In dem Bereich Kunst, Unterhaltung, Erholung und Erbringung von sonstigen Dienstleistungen war die Gründungsrate mit 11,7 Prozent vergleichsweise hoch. An zweiter und dritter Stelle rangierten die Wirtschaftszweige Information und Kommunikation mit 10,4 Prozent und Gastgewerbe mit 9,9 Prozent.
Die geringsten Gründungsraten gab es mit 6,4 Prozent im Bereich Erziehung und Unterricht sowie Gesundheits- und Sozialwesen und im Bergbau, Verarbeitenden Gewerbe, Energie und Wasserversorgung mit 5,5 Prozent.
In NRW dominieren vor allem zwei Wirtschaftszweige, gemessen an der Zahl aller aktiven Unternehmen: der Bereich der Erbringung von wissenschaftlichen, freiberuflichen, technischen und sonstigen Dienstleistungen mit einem Anteil von über 22,2 Prozent (146 681 aktive Unternehmen) und der Bereich Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen mit einem Anteil von über 18,8 Prozent (123 864 aktive Unternehmen). Die kleinsten Branchen waren Information und Kommunikation mit knapp 4,0 Prozent (26 102 aktive Unternehmen) und Verkehr und Lagerei mit einem Anteil von 3,1 Prozent (20 646 aktive Unternehmen) an allen aktiven Unternehmen in NRW.
Insgesamt gab es die meisten Neugründungen in Köln (4 917) und Düsseldorf (3 461). Die höchste Anzahl der Unternehmensgründungen je 1 000 aktive Unternehmen konnte die Stadt Leverkusen verzeichnen (108,9). Auf den weiteren Plätzen folgten die Städte Duisburg (104,7) und Gelsenkirchen (101,6). Die wenigsten Unternehmensgründungen je 1 000 aktive Unternehmen gab es im Kreis Olpe (69,1), im Märkischen Kreis (68,5) und im Kreis Höxter (66,4).
Der Indikator „Anzahl der Unternehmensgründungen je 1 000 aktive Unternehmen“ wird insbesondere durch den Unternehmensbestand in der jeweiligen Region bestimmt. Bei der gleichen Anzahl an Neugründungen hat eine Region mit einem hohen Unternehmensbestand eine geringere Gründungsrate als eine Region mit niedrigerem Unternehmensbestand.
Um die Innovations- oder Risikobereitschaft einer Region abzubilden, ist es sinnvoll, die Anzahl an Gründungen ins Verhältnis zur erwerbsfähigen Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 65 Jahren zu setzen: Hier erreichte Düsseldorf mit 84,1 Gründungen je 10 000 Erwerbsfähigen den höchsten Wert aller 53 Kreise und kreisfreien Städte. Auf den weiteren Plätzen folgten Köln (70,4) und der Kreis Mettmann (58,1). Für NRW ergab sich im Jahr 2022 ein durchschnittlicher Wert von 48,5 Gründungen je 10 000 Erwerbsfähigen im Alter von 15 bis unter 65 Jahren.
Die Statistik der Unternehmensdemografie erfasst neben den Gründungen auch die Schließungen von bereits existierenden Unternehmen. Wie bereits im Vorjahr wurden auch in 2022 mehr Unternehmen geschlossen (57 545) als neue gegründet (55 839). Das heißt, NRW wies ein negatives Unternehmenswachstum auf. Die Schließungsrate gemessen an allen bestehenden Unternehmen lag bei 8,7 Prozent, was der Entwicklung in Deutschland entsprach. Hier lag die Schließungsrate ebenfalls bei 8,7 Prozent.
Die höchsten Schließungsraten ergaben sich für die kreisfreien Städte Duisburg (10,4 Prozent), Herne (10,2 Prozent) und Essen (10,0 Prozent). Die geringsten Schließungsraten wurden in den Kreisen Höxter (7,3 Prozent) und Olpe (6,5 Prozent) ermittelt.
Von den Wirtschaftszweigen waren entsprechend ihrer Größe die Bereiche der Erbringung von wissenschaftlichen, freiberuflichen, technischen und sonstigen Dienstleistungen mit 14 028 Unternehmen und der Bereich Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen mit 11 280 Unternehmen vergleichsweise oft von Schließungen betroffen.
Datengrundlage und Methode
Die Statistik zur Unternehmensdemografie umfasst Daten zu aktiven Unternehmen, zu Unternehmensgründungen und deren Fortbestand, zu Unternehmensschließungen sowie entsprechende Beschäftigungsdaten. Grundlage der Daten zur Unternehmensdemografie sind das statistische Unternehmensregister und unterjährige Verwaltungsdaten der Bundesagentur für Arbeit und der Finanzverwaltungen. Diese Daten ermöglichen es, echte (originäre) Gründungen und Schließungen von rein strukturellen Veränderungen zu trennen. Zu den strukturellen Veränderungen gehören z. B. Fusionen, Übernahmen, Auflösungen, Spaltungen oder auch Umstrukturierungen von Unternehmen. Durch sie werden keine Produktionsfaktoren (Beschäftigte, Betriebsstätten, Anlagen…) neu geschaffen oder aufgelöst, sondern nur zwischen den Unternehmen verteilt. Echte (originäre) Gründungen und Schließungen hingegen sorgen für die Schaffung oder Auflösung von Produktionsfaktoren.
Basis der Auswertung zu den Erwerbsfähigen, d. h. zur Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 65 Jahren, sind die Ergebnisse des Zensus 2022 mit Stichtag 15.05.2022.