Rund zwei Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen haben zum Jahresende 2023 Leistungen der sozialen Mindestsicherung erhalten. Der Anteil der Personen mit Bezug von Mindestsicherungsleistungen an der Gesamtbevölkerung (Mindestsicherungsquote) lag damit bei 11,0 Prozent.
Die nachfolgende Analyse gibt einen Überblick über aktuelle statistische Ergebnisse zu den Empfängerinnen und Empfängern von Mindestsicherungsleistungen in NRW. Was sind Mindestsicherungsleistungen? Wie viele Menschen sind hierauf angewiesen? Welche Personengruppen haben insbesondere Anspruch auf entsprechende Leistungen? In welchen Regionen NRWs ist die Mindestsicherungsquote am höchsten?
Mindestsicherungsleistungen sind Geldleistungen, die Menschen erhalten können, deren Einkommen nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts ausreicht. Diese Leistungen sollen sicherstellen, dass jeder Mensch in der Gesellschaft ein Mindestmaß an finanzieller Unterstützung erhält, um seine Grundbedürfnisse wie Essen, Unterkunft und Kleidung zu decken.
Zu den Mindestsicherungsleistungen zählen:
- Grundsicherung für Arbeitsuchende,
- Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung,
- Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen und
- Asylbewerberleistungen.
Weiterführende Informationen und Erläuterungen zu den verschiedenen Leistungsarten finden Sie im unten stehenden Abschnitt „Datengrundlage und Erläuterungen“.
Die meisten Empfängerinnen und Empfänger erhalten Grundsicherung für Arbeitsuchende
Die Empfängerinnen und Empfänger von Regelleistungen nach dem Sozialgesetzbuch II („Grundsicherung für Arbeitsuchende“) bildeten zum Jahresende 2023 die größte Gruppe unter den Mindestsicherungsleistungsbeziehenden: Mit einem Anteil von 77,9 Prozent erhielten mehr als drei Viertel aller Leistungsbeziehenden diese Leistungsart. Auf den weiteren Plätzen folgten die Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung mit 15,4 Prozent und die Empfängerinnen und Empfänger von Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mit 5,2 Prozent. Den geringsten Anteil mit 1,5 Prozent wiesen Personen mit Bezug von Hilfen zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen nach dem Sozialgesetzbuch XII auf.
Minderjährige überdurchschnittlich oft auf Mindestsicherungsleistungen angewiesen
Gut eine halbe Million Minderjährige in NRW waren zum Jahresende 2023 auf Mindestsicherungsleistungen angewiesen. Unter allen hier betrachteten Altersgruppen wiesen sie mit 17,5 Prozent die höchste Mindestsicherungsquote auf. Jede bzw. jeder sechste Minderjährige gehörte somit zu den Leistungsbeziehenden, während unter den 18- bis unter 30-Jährigen (12,0 Prozent) sowie den 30- bis unter 55-Jährigen (12,2 Prozent) nur etwa jede achte Person auf entsprechende Leistungen angewiesen war. Mit 6,7 Prozent fiel die Mindestsicherungsquote bei den über 55-Jährigen am geringsten aus.
Die meisten minderjährigen Empfängerinnen und Empfänger von Mindestsicherungsleistungen lebten 2023 in Bedarfsgemeinschaften, die Grundsicherung für Arbeitsuchende bezogen (93,5 Prozent). Auch in den beiden folgenden Altersgruppen wurde diese Leistungsart am häufigsten bezogen und erreichte Anteilswerte über 80 Prozent. Bei den älteren Personen ab 55 Jahren war die Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsunfähigkeit die häufigste Leistungsart (50,4 Prozent).
Frauen und Männer beziehen gleichermaßen Mindestsicherungsleistungen
Zum Jahresende 2023 waren gut die Hälfte (50,2 Prozent) aller Mindestsicherungsleistungsbeziehenden Frauen. Dabei fiel die Mindestsicherungsquote der Frauen mit 10,9 Prozent etwas geringer aus als die Mindestsicherungsquote der Männer, die bei 11,2 Prozent lag. Differenziert nach Leistungsart wird deutlich, dass die Männer vor allem bei den Asylbewerberleistungen mit 62,8 Prozent einen höheren Anteil aufwiesen als Frauen mit 37,2 Prozent.
Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit sind häufiger auf Mindestsicherungsleistungen angewiesen
Die Mindestsicherungsquote der nordrhein-westfälischen Bevölkerung unterscheidet sich in ihrer Höhe je nach Staatsangehörigkeit. Ende 2023 betrug sie bei Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit 6,9 Prozent, während sie mit 32,4 Prozent bei Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit fast fünfmal so hoch war. Jede dritte nichtdeutsche Person in NRW war somit auf Mindestsicherungsleistungen angewiesen.
Nichtdeutsche Personen sind deutlich häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen als deutsche. Bei Betrachtung der Leistungsbeziehenden differenziert nach Nationalität und Leistungsart zeigt sich, dass der Anteil der Nichtdeutschen unter den Empfängerinnen und Empfängern von „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ mit 48,3 Prozent Ende 2023 etwa dreimal so hoch war wie ihr Anteil in der nordrhein-westfälischen Bevölkerung (16,1 Prozent). Auch bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (26,4 Prozent) und der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt (31,0 Prozent) fiel der Anteil der Nichtdeutschen höher aus als in der Gesamtbevölkerung. Insgesamt waren von allen zwei Millionen Empfängerinnen und Empfängern von Mindestsicherungsleistungen gut die Hälfte deutsch mit 52,7 Prozent, während 47,3 Prozent nichtdeutsch waren.
Mindestsicherungsquote schwankt kaum über die Zeit
Die Veränderungen der Mindestsicherungsquote im Zeitverlauf fallen eher moderat aus. In den letzten 19 Jahren schwankte die Quote zwischen 10,0 und 12,0 Prozent. 2023 lagen sowohl die Zahl der Personen mit Bezug von Mindestsicherungsleistungen (zwei Millionen) als auch die Mindestsicherungsquote (11,0 Prozent) wie auch in den Jahren zuvor unter dem Höchststand von 2,15 Millionen bzw. 12,0 Prozent im Jahr 2016. Gegenüber dem Vorjahr stieg Ende 2023 die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger von Mindestsicherungsleistungen um rund 9 000. Die Mindestsicherungsquote blieb konstant bei 11,0 Prozent.
Die beiden Anstiege der Mindestsicherungsquote in 2015 und 2022 sind zu einem wesentlichen Teil auf die Zuwanderung von Geflüchteten zurückzuführen. Im Jahre 2015 stieg die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger von Asylbewerberleistungen gegenüber dem Vorjahr um gut 137 000 Personen an. 2022 waren es insbesondere Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die zum weitaus größten Teil einen Aufenthaltsstatus nach § 24 Aufenthaltsgesetz erhielten. Daher wuchs vor allem die Zahl der Regelleistungsberechtigten nach dem SGB II (+80 000).
Mindestsicherungsquoten im Ruhrgebiet am höchsten
Die höchsten Mindestsicherungsquoten in NRW waren Ende 2023 im Ruhrgebiet zu finden. An der Spitze lag Gelsenkirchen mit 22,1 Prozent; jede fünfte dort lebende Person war somit auf diese Leistungen angewiesen. Darauf folgten Dortmund, Gladbeck, Essen und Herne mit Quoten von jeweils über 17 Prozent. Neben dem Ruhrgebiet fielen die Quoten in einigen rheinischen Zentren überdurchschnittlich aus, ebenso im bergischen Städtedreieck, in Mönchengladbach sowie einigen zentralen Orten insbesondere in Ostwestfalen und im Raum Aachen.
Unterdurchschnittlich fielen die Mindestsicherungsquoten jenseits der zentralen Orte im ländlichen Raum sowie im gesamten Münsterland aus. Die niedrigsten Quoten fanden sich in Roetgen (3,5 Prozent), Südlohn (3,6 Prozent) sowie in Hallenberg und Raesfeld (jeweils 4,0 Prozent).
Datengrundlage
Datengrundlage der sozialen Mindestsicherungsleistungen sind die Ergebnisse der Sozialhilfestatistik, der Statistik der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und der Asylbewerberleistungsstatistik sowie der Statistik über die Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II; Bundesagentur für Arbeit). Die Daten werden jährlich aktualisiert. Weitere Informationen befinden sich unter den hinterlegten Links der jeweiligen Statistik oder beim gemeinsamen Internetangebot der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder zur Sozialberichterstattung.
Definition und weitere Ergebnisse zur Mindestsicherungsquote in NRW
Die Mindestsicherungsquote ist ein zusammengefasster Indikator, der den prozentualen Anteil der Empfängerinnen und Empfänger von Mindestsicherungsleistungen an der Gesamtbevölkerung darstellt. Ergebnisse für NRW finden Sie hier.
Erläuterungen zu den Arten der Mindestsicherungsleistungen
Zu den sozialen Mindestsicherungsleistungen zählen in der amtlichen Sozialberichterstattung folgende Hilfen:
Grundsicherung für Arbeitsuchende/Gesamtregelleistungen bzw. Bürgergeld nach dem SGB II
Das Bürgergeld, die „Grundsicherung für Arbeitsuchende“, hat im Januar 2023 das Arbeitslosengeld II – auch „Hartz IV“ genannt – abgelöst. Gesamtregelleistungen bzw. Bürgergeld erhalten
– erwerbsfähige Leistungsberechtigte:
Personen im Alter von 15 Jahren bis zur Regelaltersgrenze gemäß § 7a SGB II mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können. Als erwerbsfähig gilt dabei, wer unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden pro Tag arbeiten kann. Dazu zählen sowohl Menschen, die keinen Arbeitsplatz finden als auch Menschen, die mit ihrer Arbeit nicht genug verdienen, um ihren Lebensunterhalt zu decken – und für die vorrangige Leistungen wie Wohngeld oder Kinderzuschlag nicht ausreichen, um die Hilfebedürftigkeit zu überwinden.
– nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte:
Personen, die nicht erwerbsfähig sind und mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben.
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel SGB XII
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten Erwachsene, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen sicherstellen können und entweder
– die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 SGB XII erreicht haben. Diese liegt für Personen, die vor dem Jahr 1947 geboren sind, bei 65 Jahren. Für Personen, die 1947 oder später geboren wurden, wird die Altersgrenze seit dem Jahr 2012 schrittweise auf 67 Jahre angehoben.
– oder dauerhaft voll erwerbsgemindert sind. Dies trifft auf Personen zu, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein und bei denen unwahrscheinlich ist, dass diese volle Erwerbsminderung behoben werden kann.
Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen nach dem 3. Kapitel SGB XII
Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen erhalten Personen bzw. Personengemeinschaften, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln oder durch Leistungen anderer vorgelagerter Sozialleistungen (wie z. B. Bürgergeld oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) decken können. Dazu zählen beispielsweise vorübergehend Erwerbsunfähige, Personen im Vorruhestand mit niedriger Rente oder längerfristig Erkrankte.
Zu den Empfängerinnen und Empfängern von Mindestsicherungsleistungen werden nur die Personen gezählt, die Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen erhalten. Hilfebeziehende in Einrichtungen zählen nicht zu den Mindestsicherungsempfängerinnen und -empfängern, da diese Personen großteils auch Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel SGB XII (siehe oben) erhalten. Doppelzählungen werden so vermieden.
Asylbewerberleistungen/Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)
Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie sonstige nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Berechtigte erhalten bei Hilfebedürftigkeit zur Deckung des täglichen Bedarfs (Ernährung, Kleidung, Unterkunft etc.) Regelleistungen. Diese werden zunächst als Grundleistungen (§ 3 AsylbLG) erbracht und damit zum Teil als Sachleistungen oder in Form von Wertgutscheinen. Nach einem Aufenthalt von 36 Monaten (bis 26.2.2024: 18 Monaten) besteht nach § 2 AsylbLG in der Regel Anspruch auf sogenannte Analogleistungen nach dem SGB XII; Leistungsberechtigte erhalten dann Regelleistungen nach dem AsylbLG in Form von Hilfe zum Lebensunterhalt.
Weitere Informationen
Die in diesem Bericht dargestellten Zahlen und weitere Daten finden Sie auch in kostenlos abrufbaren Excel-Tabellen im gemeinsamen Statistikportal der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder oder in der Landesdatenbank NRW.