
Seniorinnen und Senioren machen einen immer größeren Anteil der Bevölkerung in Deutschland und auch in NRW aus. Obwohl die meisten von ihnen das gesetzliche Renteneintrittsalter bereits erreicht haben, arbeiten in NRW noch viele von ihnen. Selbst in den hochbetagten Altersgruppen ab 85 Jahren finden sich Personen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen. In welchem Umfang und in welchen Berufsgruppen ältere Personen in NRW 2022 arbeiteten und welche Unterschiede zu jüngeren Erwerbstätigen bestanden, wird in diesem Artikel anhand von Ergebnissen des Zensus 2022 dargestellt.
Jede zehnte Person ab 65 Jahren in NRW noch erwerbstätig
Zum Zensusstichtag am 15. Mai 2022 lebten in NRW knapp 3,7 Millionen Seniorinnen und Senioren, d. h. Menschen im Alter von mindestens 65 Jahren. Davon waren über 370 000 Personen erwerbstätig – also rund 10 Prozent.
Ein Blick auf die Erwerbstätigenquoten in den einzelnen Altersgruppen zeigt, dass der Anteil der Erwerbstätigen mit zunehmendem Alter abnahm. So waren von den 65- bis 69-Jährigen 21,3 Prozent erwerbstätig. Bei Personen zwischen 70 und 74 Jahren lag dieser Anteil bei 10,6 Prozent und bei den 75- bis 79-Jährigen bei 5,3 Prozent. Zudem gingen 1,2 Prozent der Personen ab 90 Jahren einer Erwerbstätigkeit nach.
Ein Grund für die vergleichsweise hohe Erwerbstätigenquote der 65- bis 69-Jährigen dürfte sein, dass manche von ihnen noch nicht die Altersgrenze für die Regelaltersrente erreicht hatten. Diese Altersgrenze lag in Deutschland 2022 bei knapp unter 66 Jahren und wird bis 2031 auf 67 Jahre steigen. Eine Betrachtung der Personen ab 66 Jahren zeigt allerdings, dass viele Seniorinnen und Senioren auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze im Jahr 2022 erwerbstätig waren. So waren von den 66- bis 69-Jährigen noch 18,2 Prozent erwerbstätig. Der Anteil aller erwerbstätigen Seniorinnen und Senioren ab 66 Jahren in NRW lag bei 8,6 Prozent.
Insgesamt betrachtet war die Erwerbstätigenquote der Männer im Seniorenalter ab 65 Jahren mit 12,8 Prozent höher als die der Frauen in diesem Alter (7,9 Prozent). Auch in den einzelnen Altersgruppen war dieser Geschlechterunterschied zu erkennen: So lag der Anteil der Erwerbstätigen bei 65- bis 69-jährigen Männern beispielsweise bei 24,5 Prozent, bei Frauen im gleichen Alter lag der Wert bei 18,5 Prozent.
Kreis Borken mit höchstem Anteil Erwerbstätiger ab 65 Jahren, Herne mit niedrigstem
Im regionalen Vergleich war 2022 die Erwerbstätigenquote von Seniorinnen und Senioren landesweit im Kreis Borken am höchsten. Mit 15,1 Prozent lag diese rund 5 Prozentpunkte über der Quote für NRW insgesamt. Auch bei Betrachtung der Geschlechter wies der Kreis Borken mit 18,5 Prozent bei den Männern ab 65 Jahren und mit 12,2 Prozent bei den Frauen in diesem Alter jeweils die höchsten Anteile erwerbstätiger Personen auf. Demgegenüber fanden sich in der Stadt Herne die geringsten Erwerbstätigenquoten: Insgesamt gingen in Herne 6,5 Prozent aller Seniorinnen und Senioren einer Erwerbstätigkeit nach – 8,9 Prozent der Männer und 4,7 Prozent der Frauen.
Ein Drittel der erwerbstätigen älteren Personen hatten Gelegenheits- oder Minijobs
Personen gelten als erwerbstätig (gemäß der Internationalen Arbeitsorganisation), wenn sie mindestens eine Stunde in der Woche arbeiten. Auffällig ist, dass sich bei der Befragung im Zensus 2022 nur etwa 30 Prozent der in diesem Sinne erwerbstätigen Seniorinnen und Senioren auch selbst als erwerbstätig einschätzten. Rund 64 Prozent definierten sich hingegen als Rentnerin/Rentner bzw. Pensionärin/Pensionär. Ein Grund für diese Diskrepanz könnte unter anderem sein, dass über 123 000 Personen und somit rund ein Drittel der erwerbstätigen Personen ab 65 Jahren Gelegenheitsarbeiten oder einem Minijob als Haupttätigkeit nachgingen.
Erwerbstätige Seniorinnen und Senioren häufiger selbstständig als jüngere Erwerbstätige
Ein Vergleich der Haupttätigkeiten von erwerbstätigen Seniorinnen und Senioren mit Erwerbstätigen unter 65 Jahren zeigt, dass erwerbstätige Seniorinnen und Senioren häufiger selbstständig waren. Über 27 Prozent der Erwerbstätigen ab 65 Jahren waren 2022 selbstständig. Bei Personen zwischen 15 und 64 Jahren lag dieser Anteil bei lediglich 7,3 Prozent. Ferner fanden sich in der Gruppe der Erwerbstätigen ab 65 Jahren mit 25,9 Prozent anteilig weniger angestellte Personen als bei den Erwerbstätigen zwischen 15 und 64 Jahren, von denen knapp zwei Drittel (65,9 Prozent) als Angestellte im Jahr 2022 tätig waren. Auch die Tätigkeiten „Arbeiter/Arbeiterin, Heimarbeiter/Heimarbeiterin“, „Beamter/Beamtin, Richter/Richterin, Dienstordnungsangestellter/Dienstordnungsangestellte“ und „Auszubildender/Auszubildende“ waren bei den jüngeren Erwerbstätigen jeweils stärker vertreten als bei den Erwerbstätigen ab 65 Jahren. Erwerbstätige Seniorinnen und Senioren arbeiteten dafür öfter unbezahlt im Familienbetrieb mit. Hier lag der Anteil bei den Erwerbstätigen ab 65 Jahren bei 5,4 Prozent und war somit mehr als zehn Mal so hoch wie bei den Erwerbstätigen zwischen 15 und 64 Jahren (0,4 Prozent).
Berufsgruppe „Fahrzeugführung im Straßenverkehr“ auf Platz 1
Von den erwerbstätigen Seniorinnen und Senioren in NRW waren im Jahr 2022 mit 7,5 Prozent die meisten Personen im Bereich „Fahrzeugführung im Straßenverkehr“ beschäftigt. Unter dieser Gruppe werden z. B. Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrer sowie Bus-/Straßenbahnfahrerinnen und Bus-/Straßenbahnfahrer subsummiert. Am zweithäufigsten arbeiteten erwerbstätige Seniorinnen und Senioren in Berufen der Gruppe „Büro und Sekretariat“ (6,1 Prozent). Hierunter fallen nicht nur allgemeine Tätigkeiten im Büro oder Sekretariat, sondern beispielsweise auch in der Auskunft und in der Kundeninformation oder Beschäftigungen als Dolmetscherin und Dolmetscher. Auf dem dritten Platz der Top-Berufsgruppen von Seniorinnen und Senioren landete mit 5,7 Prozent die Gruppe „Reinigung“, die unter anderem Berufe in der Gebäude-, Textil- und Fahrzeugreinigung umfasst.
Zum Vergleich: Bei den Erwerbstätigen zwischen 15 und 64 Jahren belegte die Berufsgruppe „Erziehung, Sozialarbeit, Heilerziehungspflege“ mit 5,2 Prozent den ersten Platz. Auf Platz 2 folgten wie bei den Seniorinnen und Senioren die Berufe der Gruppe „Büro und Sekretariat“ mit 4,7 Prozent der Erwerbstätigen. Die Berufsgruppe der „Lagerwirtschaft, Post, Zustellung und Güterumschlag“ war die dritthäufigste Berufsgruppe (4,2 Prozent).
Fast 25 000 Männer ab 65 Jahren im Bereich „Fahrzeugführung im Straßenverkehr“ beschäftigt
Bei den dominierenden Berufsgruppen der erwerbstätigen Seniorinnen und Senioren gab es erkennbare Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Knapp 25 000 Männer ab 65 Jahren in NRW waren 2022 in der Gruppe „Fahrzeugführung im Straßenverkehr“ beschäftigt. Dies entspricht fast 12 Prozent aller erwerbstätigen Männer in dieser Altersgruppe und stellt mit Abstand den höchsten Anteil bei den erwerbstätigen Männern ab 65 Jahren dar. Platz 2 erreichte die Berufsgruppe „Gebäudetechnik“. Hierin waren 5,3 Prozent der erwerbstätigen Männer ab 65 Jahren beschäftigt. Auf dem dritten Platz waren die Berufe der Gruppe „Lagerwirtschaft, Post, Zustellung, Güterumschlag“. In diesem Bereich waren 4,2 Prozent der erwerbstätigen Männer ab 65 Jahren tätig, z. B. als Briefzusteller oder Lagerarbeiter.
Jede fünfte erwerbstätige Frau ab 65 Jahren in den Bereichen „Büro und Sekretariat“ oder „Reinigung“ beschäftigt
Bei den erwerbstätigen Frauen ab 65 Jahren in NRW zeigte sich ein grundsätzlich anderes Bild als bei den Männern: Die dominierenden Berufsgruppen waren hier Beschäftigungen im „Büro und Sekretariat“ (10,8 Prozent) und im Bereich „Reinigung“ (10,5 Prozent). Gut 34 000 Frauen ab 65 Jahren und somit über 20 Prozent der erwerbstätigen Frauen in diesem Alter waren 2022 in einer der beiden Berufsgruppen beschäftigt. Mit einem Abstand von rund 4 Prozentpunkten folgte auf Platz 3 die Gruppe „Erziehung, Sozialarbeit, Heilerziehungspflege“. Über 6 Prozent der erwerbstätigen Frauen ab 65 Jahren arbeiteten 2022 in diesem Bereich, z. B. in Berufen in der Kinderbetreuung, Sonderpädagogik oder in der Sozial-, Erziehungs- und Suchtberatung.
Daten zum Download
Datengrundlage
Die hier präsentierten Ergebnisse wurden auf der Grundlage des Zensus 2022 ermittelt. Der Zensus ist eine stichtagsbezogene Personen-, Gebäude- und Wohnungszählung. Bei dem registergestützten Zensus wurden Daten nach Möglichkeit aus bereits vorhandenen Verwal-tungsregistern gewonnen. Da die Daten in diesen Registern jedoch nicht vollständig vorliegen und ihre Aktualität nicht gewährleistet ist, wurde der Zensus durch zusätzliche Befragungen der Bevölkerung ergänzt. Das Ergebnis ist eine fundierte Datenlage über die Bevölkerung, die Lebensverhältnisse der Einwohnerinnen und Einwohner sowie den Gebäude- und Wohnungsbestand in Deutschland, in den Bundesländern, aber auch in tiefer regionaler Gliederung für einzelne Gemeinden.
Weitere Informationen und Daten zum Zensus 2022 finden Sie auf folgenden Webseiten:
Methodische Hinweise
Die Grundlage für die hier dargestellten Zahlen bilden die Ergebnisse der zusätzlichen Befragung (Stichprobenerhebung) im Rahmen des Zensus 2022. Die aus der Stichprobenerhebung hochgerechneten Ergebnisse werden auf ein Vielfaches von zehn gerundet ausgewiesen.
Personen in Gemeinschaftsunterkünften, im Ausland tätige Angehörige der Bundeswehr, der Polizeibehörden und des Auswärtigen Dienstes sowie ihre dort ansässigen Familien sind nicht inkludiert.
Bei Vergleichen der hier dargestellten Ergebnisse mit anderen Quellen ist zu beachten, dass ggf. verschiedene Altersabgrenzungen zugrunde liegen können.
Die Auswertung der Berufe erfolgte gemäß der „Klassifikation der Berufe 2010 – überarbeitete Fassung 2020“ der Statistik der Bundesagentur für Arbeit.
Gemäß der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gilt in diesem Artikel jede Person im erwerbsfähigen Alter, die in einem einwöchigen Berichtszeitraum mindestens eine Stunde lang gegen Entgelt oder im Rahmen einer selbstständigen oder mithelfenden Tätigkeit gearbeitet hat, als erwerbstätig. Auch eine Person, die sich in einem formalen Arbeitsverhältnis befindet, das diese im Berichtszeitraum nur vorübergehend nicht ausgeübt hat, gilt als erwerbstätig. Bei der ILO handelt es sich um eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die u. a. internationale Standards für den Arbeitsmarkt entwickelt und deren Einhaltung überwacht.