
Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Entwicklung der Persönlichkeit von jungen Kindern stärken und Familien bei Bildung und Erziehung unterstützen – all das sind Ziele des sogenannten U3-Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung. Dieser Rechtsanspruch besteht in Deutschland seit dem 01.08.2013 und regelt, dass alle Kinder mit Vollendung des ersten Lebensjahres einen Anspruch auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder Tagespflege haben. Während in den Kindertageseinrichtungen meist mehrere und größere Gruppen von Kindern betreut werden, kümmert sich in der Tagespflege in der Regel eine Tagesmutter bzw. ein Tagesvater um maximal fünf Kinder gleichzeitig.
Dieser Artikel gibt anhand von Diagrammen und Karten einen Überblick darüber, wie sich das Ausmaß der Betreuung in den mehr als zehn Jahren seit Beginn des Betreuungsanspruchs in NRW entwickelt hat und welche regionalen Besonderheiten auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte sich dabei erkennen lassen.
Immer mehr Kinder unter drei Jahren in Betreuung
Betrachtet man die Gesamtentwicklung seit Einführung des Betreuungsanspruchs im Jahr 2013, ist zunächst festzustellen, dass die Gesamtzahl der in Kindertagesstätten und Tagespflege betreuten Kinder kontinuierlich gestiegen ist. Gleichzeitig hat sich der Anteil der unter dreijährigen Kinder (U3) erhöht: So waren mit Einführung des Anspruchs im Jahr 2013 noch insgesamt 507.606 Kinder in Betreuung, von denen 87.185 unter drei Jahre alt waren (17,2 %). Im Jahr 2024 besuchten 647.053 Kinder eine Kindertagesstätte oder Tagespflege, darunter waren 161.871 im Alter unter drei Jahren (25,0 %). Die Gruppe der betreuten U3-Kinder ist damit seit 2013 überdurchschnittlich stark gewachsen (+85,7 %).
U3-Betreuung mit überdurchschnittlichen Zuwachsraten
Diese Entwicklung lässt sich auch mit Wachstumsraten visualisieren. Hierbei wird dargestellt, um wie viel Prozent sich die Gruppe der Kinder insgesamt sowie die Gruppe der U3-Kinder gegenüber dem Vorjahr erhöht hat.
Gut zu erkennen ist der Aufholprozess bei den unter Dreijährigen, welcher sich vermutlich durch die erweiterten Möglichkeiten des Rechtsanspruchs ergeben haben dürfte. Nach einem Spitzenwert von rund 20 % Zuwachs bei den U3-Kindern im Jahr 2014 sieht man, wie sich die Wachstumsraten im Zeitverlauf dem Gesamtwachstum aller betreuten Kinder angenähert haben. Im Jahr 2024 war der Gesamtzuwachs an betreuten Kindern gegenüber dem Vorjahr praktisch konstant, bei den U3-Kindern lag er bei etwas über 0,5 %.
Im Zusammenhang mit der Betreuungssituation von Kindern ist die sogenannte Betreuungsquote – und hier insbesondere die U3-Betreuungsquote – eine wichtige Kennzahl. Diese gibt den Anteil der betreuten Kinder in Relation zu allen Kindern dieser Altersgruppe an. NRW-weit ist die U3-Betreuungsquote im betrachteten Zeitraum von knapp 20 auf über 30 % gestiegen. War im Jahr 2013 nur etwa jedes fünfte Kind unter drei Jahren in Kindertagesbetreuung, so war es im Jahr 2024 schon jedes dritte.
In allen Kreisen ist die U3-Betreuungsquote gegenüber 2013 gestiegen
Auch wenn die Entwicklung in den einzelnen Regionen sehr unterschiedlich ausfiel, konnten sämtliche Kreise und kreisfreien Städte einen Zuwachs gegenüber 2013 verzeichnen. Die niedrigste U3-Betreuungsquote im Jahr 2013 lag mit 12,8 % im Kreis Euskirchen vor, die höchste mit 27,6 % in Düsseldorf. Im Jahr 2024 waren es 19,1 % in Duisburg und 42,4 % in Coesfeld.
Im Zeitvergleich ist zu erkennen, dass neben den kreisfreien Städten Düsseldorf und Bonn, die bereits 2013 hohe Betreuungsquoten hatten, 2024 nun auch zwei Kreise – Steinfurt und Coesfeld – zur Spitzengruppe gehörten.
U3-Betreuungsquote in NRW je Kreis und kreisfreier Stadt im Zeitvergleich
U1-Betreuung in der Tendenz rückläufig
Genau genommen bezieht sich der Rechtsanspruch nur auf Kinder, die das erste Lebensjahr vollendet haben. Gleichwohl werden auch jüngere Kinder betreut und sind meist bei quantitativen Aussagen zur U3-Betreuung miteinbezogen. Daher soll ergänzend ein kurzer Blick auf die Betreuung der unter Einjährigen und deren Kontext zur Gesamtbetreuungssituation geworfen werden:
Im Jahr 2013 waren in NRW 2.611 betreute Kinder unter einem Jahr alt. Das entspricht einem Anteil von gerade einmal 3 % aller U3-Kinder. Die Entwicklung der Betreuungszahlen unter Einjähriger war in den letzten zehn Jahren in NRW in der Tendenz rückläufig. Im Jahr 2024 waren es nur noch 1.394 Kinder, was einem Anteil von 0,9 % entspricht.
Anteil der Tagespflege seit 2013 insgesamt gestiegen
Einen nicht unerheblichen Beitrag zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf Betreuung leisten Tagesmütter und -väter. Diese werden unter dem Begriff „Tagespflege“ zusammengefasst. Im Vergleich Kita versus Tagespflege werden daher – analog zur Gesamtentwicklung – zunächst alle betreuten Kinder unter sechs Jahren betrachtet: Der Anteil der in der öffentlich geförderten Tagespflege betreuten Kinder hat sich von 5,7 % im Jahr 2013 auf 9,3 % im Jahr 2024 erhöht. Anders ausgedrückt wird somit aktuell etwa jedes zwölfte Kind unter sechs Jahren in der Tagespflege betreut.
Besonders wichtig ist die Tagespflege jedoch für die Betreuung der unter Dreijährigen. Hier hatte sie bereits 2013 einen Anteil von 30,5 %, welcher im Jahr 2024 auf 32,9 % gestiegen ist. Demnach befand sich jedes dritte betreute Kind unter drei Jahren in öffentlich geförderter Tagespflege . Bei den über Dreijährigen lag dieser Anteil im Jahr 2024 bei 1,4 %, da ab diesem Alter in den allermeisten Fällen eine Kita bzw. ein Kindergarten besucht wird.
Tagespflege U3: Zeigen sich Unterschiede zwischen Stadt und Land?
Auf Ebene der Kreise und kreisfeien Städte in NRW lässt sich eine leichte Tendenz dahingehend erkennen, dass in dünner besiedelten Regionen der Anteil von U3-Kindern in Kindertagespflege geringer ist. Generalisieren lässt sich diese Aussage allerdings nicht. Denn es zeigen sich Ausnahmen: So hat Köln beispielsweise trotz hoher Bevölkerungsdichte und hohem U3-Betreuungsanteil (37,1 % in 2024) einen relativ geringen Anteil an Kindern, die in der öffentlich geförderten Tagespflege betreut werden (29,2 % in 2024). Zudem werden im wesentlich dünner besiedelten Kreis Minden-Lübbecke über 40 % (41,2 % in 2024) aller U3-Kinder in Tagespflege betreut.
Betrachtet man die regionale Entwicklung im Zeitverlauf, so ist festzustellen, dass die Schwankungsbreite der Werte aller Kreise und kreisfreien Städte beinahe konstant geblieben ist: So hatte im Jahr 2013 der Kreis Olpe mit 11 % den niedrigsten und die kreisfreie Stadt Leverkusen mit knapp 49 % den höchsten Anteil an U3-Kindern in Kindertagespflege. Im Jahr 2024 war es ebenfalls Olpe mit 10,2 % auf dem niedrigsten Platz und Mülheim an der Ruhr mit 51 % auf dem höchsten.
Anteil der Tagespflege an allen betreuten U3-Kindern in NRW je Kreis und kreisfreier Stadt im Zeitvergleich
Jedes sechste Kind unter drei Jahren in NRW war 2024 in einer täglichen Betreuung von mehr als sieben Stunden
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eines der familienpolitischen Ziele des Betreuungsanspruchs für unter Dreijährige. Um diesem Ziel Rechnung zu tragen und eine Beschäftigungsrückkehr von Müttern und Vätern im größeren Umfang bis hin zur Vollzeitbeschäftigung zu ermöglichen, ist eine Mindestzeit an Betreuung notwendig. Für die statistische Erfassung dieses Sachverhalts ist daher ausgewiesen, ob Kinder eine durchgehende Betreuungszeit von mehr als sieben Stunden pro Betreuungstag haben.
Im Zeitablauf ist zu erkennen, dass sich die Anzahl an Kindern, welche mehr als sieben Stunden pro Tag betreut werden, kontinuierlich erhöht hat. Fielen im Jahr 2013 noch 43.263 Kinder in diese Kategorie, waren es im Jahr 2024 84.601. Allerdings ist der Anteil der Kinder mit mehr als sieben Stunden Betreuung pro Tag an allen U3-Kindern in den letzten zehn Jahren relativ konstant geblieben: Zuletzt lag er bei etwas über der Hälfte (49,6 % in 2013 und 52,3 % in 2024).
Da es sich hier um eine reine Ist-Betrachtung handelt, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass es keinen höheren Bedarf an Plätzen mit einer Betreuungszeit von über sieben Stunden gäbe.
Die Zahl der U3-Kinder mit mehr als sieben Stunden Betreuung pro Tag lässt sich auch auf die Zahl aller Kinder der gleichen Altersgruppe beziehen. Diese "7-Stunden-Betreuungsquote" ist im Zeitverlauf – analog zur U3-Gesamtbetreuungsquote – gestiegen (von 9,9 % auf 16,8 %).
Vereinfacht gesagt: 2013 war etwa jedes zehnte Kind unter drei Jahren für mehr als sieben Stunden am Tag in einer Kindertagesbetreuung. 2024 war es bereits jedes Sechste.
Lange Betreuungszeiten sind ein Phänomen einzelner Städte
Auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte waren Düsseldorf (20,1 %), Köln (15,8 %) und Bonn (15,3 %) im Jahr 2013 die Städte in NRW mit den höchsten Betreuungsquoten von mehr als sieben Stunden. Im Jahr 2024 gehörten diese Städte weiterhin zur Spitze, wobei Düsseldorf abermals den obersten Rang einnahm (32,2 %).
Gleichzeitig zeigt sich, dass eine pauschale Stadt-Land-Einteilung zu kurz greift: Vergleichsweise hohe Betreuungsquoten sind ein Phänomen vieler Städte, aber gleichzeitig gibt es auch Städte mit relativ niedrigen Betreuungsquoten von mehr als sieben Stunden am Tag. Exemplarisch sei hier Duisburg genannt, wo die 7-Stunden-Betreuungsquote im Jahr 2013 bei 5,6 % und in 2024 bei 13,6 % lag.
U3-Betreuungszeiten von mehr als sieben Stunden in NRW je Kreis und kreisfreier Stadt im Zeitvergleich
Datengrundlage
Woher kommen die Daten?
Maßgeblich für die Ergebnisse zur Betreuung sind die "Statistik der Kinder und tätigen Personen in Tageseinrichtungen" zum Stichtag 1. März sowie die "Statistik der Kinder und tätigen Personen in öffentlich geförderter Kindertagespflege" mit gleichem Stichtag. Aktuell stellen weit über 10.000 Kindertageseinrichtungen sowie etwa 15.000 Tagesmütter und -väter mit ihren Meldungen zu den Statistiken die Grundlage für eine umfassende Darstellung sowohl zu betreuten Kindern als auch zu den betreuenden Personen.
Wo finde ich mehr?
Im Statistikportal stellen die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder die regionale Entwicklung der Betreuungsquoten der unter Dreijährigen und 3- bis 5-Jährigen der vergangenen zehn Jahre deutschlandweit dar (s. a. Pressemitteilung vom 31.07.2024).
Weitere Daten zur Kindertagesbetreuung in NRW finden sich in der Landesdatenbank NRW: